Balkontagebuch – Der Westbalkon im Mai

Der Mai gilt oft als der erste richtige Gartenmonat – alles wächst, grünt und blüht. Doch heuer verlief der Monat ganz anders als erwartet. Statt frühlingshafter Wärme und Sonne dominierte kühles, wechselhaftes Wetter. Die Temperaturen stiegen kaum einmal über mehr als 15 Grad, und viele Tage waren grau, nass oder windig.
Das hat sich auch auf dem Balkon deutlich bemerkbar gemacht: Manche Pflanzen scheinen in einer Art Wartemodus zu verharren, als würden sie auf ein Startsignal vom Wetter warten. Das Wachstum ist verlangsamt, die Blüten lassen auf sich warten – und ich ertappe mich dabei, fast täglich nach kleinen Fortschritten zu suchen.
Trotzdem hat sich einiges getan. Es wurde gepflanzt, umgestellt, beobachtet – und wie immer auch improvisiert. Ich nehme euch mit auf einen kleinen Rückblick in den Mai auf meinem Balkon zwischen Blumenträumen und Wiener Wetterrealität.
Erste Blütengrüße von der Clematis
Trotz des kühlen Wetters hat eine Pflanze den Startschuss für die Blütensaison auf meinem Balkon gegeben: meine Clematis „Etoile de Malicorne“. Als hätte sie sich vom grauen Himmel nicht beeindrucken lassen, hat sie Anfang Mai ihre ersten seidig-zarten Blüten geöffnet – in einem kräftigen Lila, das sich wunderbar ins Farbkonzept meines Balkons einfügt.
Ich freue mich jedes Jahr auf ihre Blüten. Insgesamt leben auf meinem Balkon drei Clematis, die anderen beiden lassen sich mit ihren Blüten aber noch ein klein wenig Zeit. Ich kann es ihnen nicht verübeln. Mir wäre es bei diesem Wetter auch zu kalt.

Die Dalmatiner-Glockenblume legt los
Einer der zuverlässigsten Stars auf meinem Balkon ist auch in diesem Jahr wieder die Dalmatiner-Glockenblume (Campanula portenschlagiana). Während viele andere Pflanzen noch zaghaft austreiben oder mit dem kühlen Wetter hadern, legt sie einfach los – unkompliziert, robust und voller kleiner, violettblauer Blüten, die sich über den Topfrand ergießen.
Ihre Blüten sind nicht nur eine Freude fürs Auge, sondern ziehen auch schon die ersten Wildbienen an. Für mich ist das immer ein kleiner Meilenstein im Balkonjahr: Wenn die Campanula blüht, beginnt der Balkon so richtig zu leben.
Wer mehr über diese vielseitige Balkonpflanze wissen möchte, findet in meinem Pflanzenportrait zur Dalmatiner-Glockenblume viele Infos rund um die Pflege und Standort diese kleinen Superstars.

Aufbruch in den Balkonkästen
Während manche Pflanzen noch mit dem Wetter hadern, zeigen sich die Balkonkästen von ihrer besten Seite: Alles ist gut angewachsen, das erste frische Grün steht kräftig da, und man kann fast zusehen, wie es täglich voller und lebendiger wird.
Besonders freut mich, wie harmonisch sich die verschiedenen Pflanzen inzwischen zusammenfügen. Die Lücken vom Frühjahr beginnen sich zu schließen, und obwohl noch nicht alles blüht, wirkt der Gesamteindruck bereits richtig üppig. Die Kombinationen aus sonnenliebenden und schattenliebenden Stauden entfalten langsam ihren Charakter – genau so, wie ich es mir gewünscht habe.
Nach dem langen Warten im April und dem kühlen Start in den Mai fühlt sich dieses Wachstum wie eine kleine Belohnung an. Es ist schön zu sehen, wie sich Geduld und sorgfältige Planung auszahlen – auch wenn das Wetter manchmal ganz andere Pläne hat.

Blattlaus-Party ohne Marienkäfer
Kaum beginnt etwas zu wachsen, sind sie auch schon da: die Blattläuse. Besonders meine Clematis ist – wie jedes Jahr – ihr bevorzugter Treffpunkt. Zarte Triebe, frisch austreibende Blätter – für die Läuse ein All-you-can-eat-Buffet.
Normalerweise versuche ich, möglichst gelassen zu bleiben. Ich verzichte auf Spritzmittel soweit ich kann und verlasse mich stattdessen möglichst auf die natürlichen Gegenspieler. Allen voran: die Marienkäfer und vor allem ihre gefräßigen Larven, die im Normalfall rasch für Ordnung sorgen.
Doch heuer macht mir das Wetter einen Strich durch die Rechnung. Die Kälte hält sich hartnäckig, und mit ihr bleiben auch die Nützlinge aus. Während ich sehnsüchtig auf die ersten Marienkäfer warte, feiern die Blattläuse ungestört ihre Balkonparty. Ein bisschen hoffe ich noch auf den Juni: Mehr Sonne, mehr Leben – und hoffentlich bald wieder ein natürliches Gleichgewicht.

Nach diesem kühlen und eher zähen Mai sehne ich mich ehrlich gesagt nach etwas mehr Sonne, Wärme und Balkonleben ohne dicke Jacke. Im Juni darf es dann bitte richtig losgehen – mit kräftigem Wachstum, neuen Blüten und hoffentlich auch mit mehr tierischen Besuchern wie Hummeln, Schmetterlingen und natürlich meinen heiß ersehnten Marienkäfern.
Ich freue mich besonders auf die Sommerstauden in meinen Sonnenkästen, die in den Startlöchern stehen, und bin gespannt, wann meine heuer neu gepflanzte Rose zu blühen beginnt (eine Knospe hat sie ja schon). Ansonsten halte ich es weiterhin mit meinem Motto: ästhetische Wildnis.